Kann man China mögen lernen?

Zu Beginn unserer Weltreise stand die Volksrepublik China noch gar nicht so richtig auf unserer Länderwunschliste. Doch eine Weltreise ohne China?
Da ich auf jeden Fall nach Tibet wollte, haben wir kurzer Hand China und Tibet miteinander kombiniert und uns eine Route durch das Reich der Mitte erstellt. Die Beantragung des Visums in Hong Kong und die Einreise stellten keine Probleme dar und so sind wir nach einem neunstündigen Höllenritt im Übernachtbus am 24.8. im Südwesten Chinas in Yángshuò angekommen.
Das Ergebnis nach einer Woche China: Kulturschock pur!

China Menschen

China Menschen

Chinesische Städte sind gigantische Millionenmetropolen, über denen eine Dunstwolke aus Smog steht, tausende Menschen durch die Straßen wimmeln (Irgendwo müssen sie ja leben, denn schließlich wissen wir um die Überbevölkerung des Landes.), der Verkehr in alle Richtungen „fließt“, so dass das Gelangen von Punkt A nach Punkt B zur Kunst wird. Metropolen, die nachts in allen Farben leuchten, glitzern und blinken und immer stinken.

China

Foto: Mitten auf einer „Stadtautobahn“ wird telefoniert

Es ist permanent laut. Nicht nur der lärmende Straßenverkehr nervt, es „quietscht und pfeift chinesisch“, und erinnert an das Oktoberfest. Durchsagen auf dem Flughafen werden ununterbrochen und über Stunden hinweg wiederholt, simultan muss noch eine wichtige Mitteilung mit dem Megaphon durchgegeben werden und neben uns sitzt ein junger Mann, der mit dem Handy (ohne Kopfhörer) Musik hört.

China Menschen

China

Fotos: Kirmes inmitten der Stadt

Überall lungern Touts herum, die uns eine Tour, ihren Dienst als Reiseführer oder sonst etwas verkaufen wollen. Als wir über der Stadtkarte schwitzen, wollte uns ein hilfsbereiter Herr ungefragt den Weg in das von uns gesuchte Restaurant zeigen. Dankend sind wir ihm gefolgt. Das Ergebnis: Er hat uns zu einem Restaurant seiner Wahl geführt und wollte uns zusätzlich eine Bootstour verkaufen. „Aber das ist ja gar nicht das Cafe Rosemarie!“ Seine Antwort: „Das macht doch nichts. Hier schmeckt das Essen auch gut.“ „Wenn sie uns nicht zu unserem Restaurant bringen wollen, dann bieten Sie uns doch Ihre Hilfe auch nicht an.“ Antwort: „Dann findet euren Weg eben selbst.“

Sich in China z. B. auf einer Toilette oder am Taxistand brav anzustellen, ist eine weitere Geduldsprobe, denn irgendwie scheint es zum guten Ton zu gehören, sich vorzudrängeln. Hier ein Beispiel: Auf der Flughafentoilette stehen etwa 20 Frauen Schlange. Als nächstes sollte ich an der Reihe sein. Plötzlich taucht von hinten eine Frau auf und stellt sich direkt vor mich. Meine Worte „Please respect the queue.“, die mit einer Geste nach hinten unterstützt sind, versteht sie natürlich nicht. Als eine Chinesin sie in ihrer Sprache nach hinten schickt, schaut sie ziemlich bedeppert und es tönt ein verwundertes „Oh“, nach dem Motto: „Das habe ich ja gar nicht gesehen“, aus ihrem Mund.

Auch die Chinesen haben das Reisen für sich entdeckt. Im Monat August ist Urlaubszeit und so überlagern gerade chinesische Reisegruppen die Touristenspots. Bus- und Zugtickes müssen lange vor Termin gekauft werden.

Außerdem ist die Kommunikation unglaublich erschwert. Klar! Egal, wo wir hin wollen, wir brauchen immer eine zweisprachige Stadtkarte und dies ist noch lange keine Garantie, dass wir unser Ziel auch tatsächlich erreichen. Bevor wir unser Hostel also verlassen (vorausgesetzt wir haben es denn auch gefunden), lassen wir uns ALLES schriftlich übersetzen. Dies sieht dann so aus:
„Ich möchte mit dem Bus nach xy fahren.“
„Ich möchte eine Busfahrkarte nach xy kaufen.“
„Ich möchte allerdings schon vorher in xy aussteigen.“

Hinzu kommen das schwül-heiße Klima und Temperaturen bei Nacht um 28 Grad. Somit sind wir konstant nass geschwitzt und haben uns beide eine saftige Grippe (hoffentlich nicht die Vogelgrippe) eingefangen.

Unser Eindruck nach einer Woche China lautet: Die Volksrepublik ist absolut schnelllebig, relativ entwickelt und modern.

Fazit Nr. 1 : China nervt!

Wenn wir dann jedoch diese Millionenstädte verlassen und uns auf den Weg ins chinesische Hinterland machen, entdecken wir ein ganz anderes und sehr sympathisches China:
Absolute Ruhe, der Himmel smogfrei und blau, die Menschen freundlich und hilfsbereit. Selbst wenn niemand englisch spricht, finden wir unseren Weg durch die größten Reisterrassen der Welt, denn die Menschen deuten uns die richtige Richtung und achten konsequent darauf, dass wir uns nicht verirren. Wir übernachten für 5 € und bestellen ein Hühnchen in Bambus, das dort als Spezialität bekannt sein soll. Also steichen wir für ein Abendessen unseren vegetarischen Vorsatz, den wir uns für China genommen haben, denn tiefgekühlten Hund haben wir auch schon entdeckt.

dogmeatrestaurant

Foto: Fritierter Hund am Stück oder geschnitten?

Über zwei Stunden warten wir, bekommen mit, wie das Tier gerupft und gehackt wird und sind völlig verwundert, als uns nicht nur die Nieren, der Kopf und die Krallen im aufgeschnittenen Bambus anschauen. Da uns bei diesem Anblick der Appetit sauber vergangen ist, lassen wir zur Freude das Hosts mehr als die Hälfte unberührt zurückgehen. Am anderen Morgen gibt er uns als Gegenleistung eine Ermäßigung, die wir dankend ablehnen.

chinesisches Huhn

Foto: Hühnchen in Bambus

Ein gigantisches und ruhiges China entdeckten wir auch, als wir am Yulong River radelten. Es ging durch die bekannten Karstberge im Südwesten. Die Landschaft ist wunderschön! Es war absolut friedlich und freundlich. Auf einem mit Hand betriebenen Bambusfloß ging es dann flussabwärts.

Fazit Nr. 2 : Das chinesische Hinterland ist wunderschön und auf jeden Fall eine Reise wert. Die Städte darf man nur als Anlaufstelle verwenden, dann schnell in die Dörfer verschwinden.

Lassen wir eine Bilderserie dieses andere China beschreiben:

[mygal=china]

8 Gedanken zu „Kann man China mögen lernen?“

  1. Verfolge eure Berichte ja noch nicht lange, aber dies scheint mir ein Gipfelpunkt. Wie ihr das hinkriegt, auf knappem Raum einen umfassenden Eindruck zu vermitteln, zusammen mit guten Fotos, bewundernswert! Wie findet ihr die Zeit dazu?
    Danke jedenfalls! Und gute Besserung!

  2. Schöner Bericht… zeigt auf der einen Seite eure Frustration, auf der anderen Seite aber auch welche schöne Seiten China zu bieten hat – das Huhn einmal ausgenommen 🙂

  3. Hallo ihr zwei! Danke für den schönen Bericht und die tollen Fotos vom Hinterland! Das Hühnchenbild toppt aber alles……… Nun denn, wünsch euch ne gute Mahlzeit und schick Genesungsgrüße aus Mex 🙂

  4. Bin schon seit Jahren regelmäßig in China unterwegs und habe noch kein Hundefleisch – wenigstens – zu sehen bekommen. Da habt ihr ja echt „Glück“ gehabt. Hühnerfüsse sind in China die totale Delikatesse, aber nichts für das europäische Auge. Ging mir auch so. Angesichts der Fotos seid ihr auch in Guilin gewesen. Diese Stadt war für mich auch der Alptraum (laut, dreckig, geldgierig), aber das trifft nicht im geringsten für andere Städte in China zu. Chongqing beispielsweise hat mir sehr gut gefallen, ebenso wie Beijing. Doch das Hinterland von China ist in der Tat einzigartig.

  5. Hallo ihr 2 ,

    tolle Bilder

    echt klasse siehts da aus …. Im Hinterland !!!! …Stadt ist hektisch, kann ich mir vorstellen …

    Mit dem Essen hätte ich auch meine Probleme…. gggrrrr andere Länder , andere Sitten…

    Gute Besserung und bis die Tage

    Drück euch ganz doll
    eure Nicole und Anhang

  6. Nachtbus nach Yangshuo – einmal und nie wieder, auch wenn wir das Problem mit dem Rauchen nicht hatten. Der Zug nach Guangzhou fuhr eben 14 Stunden, aber im 4er Liegewagen doch sehr bequem.
    Essen ist eben gewöhnungsbedürftig, wobei der Kopf vom Hühnchen ne Spezialität ist. Wenn die Hühnerfüße frittiert sind, dann kann man sie sogar essen, gekocht sind sie aber auch nicht mein Ding. Seit froh, dass ihr keinen Hotpot nur mit Fischköpfen bekommen habt 😉

    Frank_Z (war 6 Monate in China)

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