„Meine Wahrheit über Bolivien“ – oder:
„Im Land ohne Kinderwägen“
(von Nils)

Wenn man zu zweit auf Weltreise geht, dann muss man wohl oder übel Kompromisse eingehen. Und dabei meine ich nun nicht meine beiden Mitreisenden, die Gnomads.
Bolivien stand nämlich gar nicht auf meiner Länderliste, doch nun sind wir schon vier Wochen hier. Das sagt zumindest der Stempel in meinem Reisepass. Über die Lagunen und die Flamingos ging es zur Photomagic-Salzwüste, vorbei an der Kakteeninsel hoch nach Sucre und Potosi. Okay, ich muß zugeben, dass ich ganz tolle Landschaften gesehen habe, Eindrücke gewonnen habe und dem Überschlag knapp entronnen bin.
Doch nun bin ich an den Punkt angekommen, an dem ich nicht nur „schnöde Reiseberichte“ schreibe, sondern kritisch auf das gesehende aufmerksam machen will. Wozu bin ich mein eigener Herausgeber, Chefredakteur und Online-Verleger? Und ich schreibe schließlich nicht für National Geographic, sondern nur für meinen eigenen „Blog der Gnomads“.
Vier Wochen Bolivien sind eine ereignisreiche Zeit, doch ich werde sicherlich NICHT wiederkommen! Einmal reicht. Wer Bolivien kennt, wird mich verschmähen, aber wie gesagt, es lebe die Pressefreiheit!
Hier meine Liste, warum ich nicht mehr wiederkomme:
– Kinder auf dem Rücken der Mütter : Bunter Vorhangstoff hält die Kinder am Rücken der Mütter fest – der Kopf des Kindes schwankt hin und her und knallt dreimal am Tag gegen eine Wand oder ein anderes Hindernis wie deutsche Weltreisende. Wird hier eine Generation mit Hirn- und Haltungsschäden herangezogen? Keine stolzen Papis, die am Sonntag morgen ihren Nachwuchs im Kinderwagen durch den Stadtpark fahren. Es gibt einfach keine Kinderwägen. Und wo sind eigentlich die ganzen Väter?
– Schnatternde Mütter
Eigentlich sagen sie nichts. Wenn doch, dann schattern sie los, mein Gott! Wir saßen im Bus, er hatte Verspätung und 20 Weiber schrien „Vamos!“. Grund war eine andere Frau, auf die gewartet werden musste. War das eine Aufruhr…
– Servicegedanken – nein danke!
Du bist der Gast, du musst zahlen, aber Service gibt es nicht. Egal wo, Hauptsache es wird bezahlt. Es wird immer mehr versprochen, als dass man eigentlich bekommt.
– Volle Microbusse – „kommen se rein, hier ist noch genügend Platz“
Vor allem zwischen den kleineren Orten verkehren Vans oder Kleinbusse, die Platz für maximal 15 Personen haben. Aber eigentlich passen mindestens 30 Personen rein – inklusive Gepäckträger. Unser Rekord sind 3 h Minibusfahrt mit sage und schreibe 27 Personen an Bord. In Deutschland brauchst du ab 12 Personen einen Beförderungsschein…
– Wir stinken! Na und? Du bist doch der Gast!
Ja, ich weiß, armes Land. Aber wenn man mit 27 Menschen in einem Minibus fährt ohne ein Fenster zu öffnen, ist das mehr als anstrengend. Kinder k**** oder sch*** die Windeln voll. Sind halt Kinder…
– Kleingeld – gibt es nicht!
Meistens wird mit Scheinen bezahlt, doch wehe, der Verkäufer hat kein passendes Wechselgeld. Dann bekommt man das Wechselgeld nicht zurück, zu wenig, oder man wird stehen gelassen und muss sich selbst um das passende Geld kümmern.
– Tourist? Hier werden Sie zur Kasse geboten.
Hier eine Steuer, die keiner versteht, hier zahlt man etwas mehr als Tourist, hier eine Abgabe, die einfach sein muß. Egal, ob auf der Isla del Sol, am Flugplatz, an der Grenze, überall wird man zur Kasse gebeten. Und man verstehts nicht.
– „Hostal, 24 Stunden heißes Wasser“
Dusche, 24 Stunden am Tag – das heisst: entweder gar kein heiß Wasser oder 1,5 Minuten. Da lernt man schnell zu duschen. Ist ja eh umweltfreundlicher.
– Fliegen oder nicht? Kommen se später wieder! Wir sind motiviert!
In Rurrenabaque haben wir ja versucht zwei Tage lang einen Flug zurück nach La Paz zu bekommen. Leider war das schwieriger als gedacht. Immer, wenn wir wie vereinbart in das Büro kamen, gab es die Antwort: Komm in 3 Stunden wieder, vielleicht dann. Die Mitarbeiter schauten so desinteressiert und starrten die größten Löcher in die Luft, die ich jemals gesehen haben.
– Das Essen ist gut, aber du verträgst es einfach nicht.
Ja, der Fisch wurde heute morgen gefangen, keine Ahnung warum der schon stinkt. Und wenn du Durchfall bekommst – selbst Schuld.
– Das Essen ist kalt
Das Essen war schon fertig, aber wir haben vergessen, es dir an den Tisch zu bringen. Ach ja, hier die Rechnung!
– Nachts trifft man sich in der Mitte des Bettes
Die Betten sind einfach schon alt. Ein Doppelbett hat eine Kuhle in der Mitte – nachts trifft man sich dort eben, man „rollt“ automatisch dort hin… Dafür zahlt man halt auch nur 2,50 EUR.
Am Schluß möchte ich aber noch sagen, dass wir nicht ausgeraubt oder beklaut wurden. Wir haben uns an die Grundregeln gehalten und uns ist nichts passiert. Stets hilfsbereite Bolivianer haben uns geholfen, durchs Land zu kommen. Boliven ist sicher.
Danke Bolivien für diese 4 Wochen, ich werde sie nie vergessen!
Uff, nun geht es mir besser.
